Summ summ summ, Bienchen summ herum! Ein Bildungsausflug in das Zürcher Weinland

Summ summ summ, Bienchen summ herum! Ein Bildungsausflug in das Zürcher Weinland

Die Anfahrt zu diesem Stellplatz, der nicht einfach nur ein Stellplatz auf einem Hof ist, ist bereits ein riesen Spass. Bei winterlichen Temperaturen und starkem Regen schlängelt sich der Weg zum PlaceToBee Stellplatz durch Weinreben, vorbei an dem weitläufigen Hühnerauslauf und am Schafstall, weiter geradeaus entlang der Greifvogelstation dann wieder links, dann wieder rechts und dann wieder links. Oder war es andersherum? Findet es selbst heraus bei dieser kleinen Schnitzeljagd und folgt den PlaceToBee Markierungen.

Am Ende kommt ihr am Storchennestmast an, der 2018 von Birdlife Zürich gesponsert wurde und parkiert auf der Wiese neben dem schönen Kräutergarten

Ich mache mir erst einmal einen Tee, um mich aufzuwärmen und schaue mich um. Überall gibt es etwas zu entdecken und ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll. Die endlos in Reih’ und Glied angepflanzten Reben, die Aussicht über die Region des Zürcher Weinlands oder der mystisch anmutende runde Bau mitten auf der Wiese unter den Obstbäumen, die gerade knospen. Ich entscheide mich für einen Rundgang im Kräutergarten, solange es nicht regnet. „Ganz schön viele Grüntöne“, denke ich, als sich sogar die Sonne durch die dicken Wolken kämpft. Dann schaue ich genauer hin und muss fast beschämend feststellen, dass ich nur einige der Kräuter wiedererkenne, auch beim Riechen komme ich nicht weiter.

Auf einmal höre ich ein Auto kommen und eine Dame springt voller Energie aus dem Wagen. Es ist Regina, ich hatte mich bei ihr telefonisch angekündigt und wir haben uns verabredet. Da ist sie, dieser kleine Wirbelwind. Wir plappern beide sofort los. Ich bombardiere sie mit Fragen und ihre Antworten folgen prompt. Es fängt wieder an zu nieseln und sie lädt mich zu einem Kräutertee um ein wenig zu plaudern. Also fahren wir mit ihrem Cadyy los, hindurch durch die „Rebstrassen“. Vor dem Schafstall macht sie eine Vollbremsung. „Es ist Fütterungszeit!“, das sollte ich gesehen haben. Als wir die Tür öffnen, blökt es laut und in verschiedenen Tönen. Die hohen, fast fiependen Laute kommen von den neugeborenen Lämmern, die jüngsten sind 2 Tage alt, die Drillinge 2 Wochen. Teilweise werden die Kleinen mit extra Milch aus der Flasche zugefüttert.

Weiter geht’s, vorbei an dem Auslauf für die Hühner, die meiner Ansicht nach gar nicht nach Legehennen aussehen. Sind sie auch nicht, klärt mich Regina auf. Aber die Eier reichen für das Dorf und das Lädeli.

Wenn der Plausch mal wieder länger dauert…

Auf der anderen Strassenseite fahren wir in die schmale Gasse bei der Kirche und ganz am Ende steht diese wunderbare Fachwerkhaus, welches gar nicht so klein ist, wie sich von innen herausstellt. Es ist alt und die Balken und Gemäuer scheinen viele Geschichten zu beherbergen. Regina schätzt, dass das Haus aus dem 17. oder 18. Jahrhundert stammt. Als es die Funktion des Armenhauses nicht mehr brauchte, ging es in den Familienbesitz über und nun wohnt Regina dort. Aber nicht nur Regina. Momentan nennt sie zwei andere Besucherinnen ihre Gäste. Sie kochen Kohlwickel, Kohlrouladen oder eben „Golubtsy“, wie sie auf ukrainisch heissen. Ich bin zum Essen eingeladen. Es riecht bereits lecker und ich sage nicht Nein. Dazu gibt es Sauerrahm als Dipp und Randen-Salat mit Apfelessig.

Das gesamte Mahl stammt aus dem Eigenanbau. Regina mag es gerne ein wenig schärfer und verfeinert mit Indonesischem Sambal. „Aus unseren eigenen scharfen Chilis!“ schwört sie. Das ist eines der vielen Dinge, die Regina aus ihren 10 Jahre Erfahrungen in Sumatra mit nach Berg am Irchel gebracht hat. Aus dieser Liebe ist die Stiftung PanEco entstanden, der sie seit 1996 als Präsidentin vorsitzt. Dahinter verbirgen sich verschiedene Naturschutz- und Umweltbildungsprojekte, unter anderen das Sumatra Orang-Utan Schutzprogramm in Indonesien, die Greifenvogelstation in Berg am Irchel und das Naturzentrum Thurauen bei Flaach. Aus Indonesien stammen auch die Kaffeebohnen eines weiteren Projektes, dem Orang Utan Coffee Project. Es folgt dem „Zweck, Überlegungen zur Nachhaltigkeit in alle Bereiche der Kaffeewirtschaft einfließen zu lassen“. Ach ja, und das Sambal wird unter einem weiteren Herzensprojekt von Regina erschaffen, dem Chloster3.

Das Chloster3 ist ein denkmalgeschütztes Werkhaus gleich um die Ecke, das Menschen mit Beeinträchtungen oder in Notsituationen einen Wohn-, Arbeits- und Erholungsraum bietet. Auch dies ist ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen können, so wie der gesamte Bungerthof ein Ort der Begegnung ist.

Und so sitzen wir beisammen, unterhalten uns auf abwechselnd auf Englisch, Deutsch und Schwyzerdütsch. Ich erfahre viel über Regina und verstehe mehr und mehr ihren Ansatz und die Mission hinter ihrem Tun und Handeln.

Sie möchte aufklären und eine holistische Umweltbildung schaffen über „die Zusammenhänge zwischen biologischer Landwirtschaft und Naturschutz, Biodiversivität, vollwertiger Ernährung und Gesundheit, die zu einem umweltbewussten Verhalten im Alltag und schliesslich zu einer nachhaltigen Lebensweise führen soll.“ Den Grundstein dafür hat sie bereits früh während ihres Studiums als Biologin gelegt. So erklärt sie zum Beispiel, dass Gänse als natürlicher Unkrautvernichter dienen und es kein Glyphosat braucht und dass Kaffee eigentlich ein Schattengewächs ist und warum guter Bio-Kaffee weniger sauer ist. Genauso hat kann man erfahren, warum Kräuter nicht nur als Dekoration oder Gewürz gut sind. Und sie klärt auf, wie richtiges Kompostieren für Jedermann funktioniert. Mir wird ganz schwindelig von so viel neuem Wissen und ich bekomme einen „Not-For-Everybody“ Kräutertee offeriert.

Regina hat die Gabe, Menschen zusammenzubringen, zu überzeugen und zu motivieren. Sie kreiert eine herzliche und grosszügige Atmosphäre, die jeden ermutigt mit einem offenen Herzen und Neugier durchs Leben zu gehen. All das findet sich wieder, wie sie ihren Hof, die Stiftungen, NGO’s und Institutionen mit Hilfe vieler Engagierten betreibt. Und es spiegelt sich auch in dem Sortiment des Hoflädeli wieder, das gleichzeitig auch das Dorflädeli ist – wobei „Lädeli“ bei weitem untertrieben ist. Denn hier gibt es alles, von überlebensnotwendigen Utensilien  bis Verwöhndelikatessen, selbstverständlich alles biologisch. Ich frage mich, wo sie all diese Energie hernimmt? Na klar, gute und gesunde Ernährung mit dem Produkten von ihrem Hof. Im Lädeli erkennt man, wie verschiedene Menschen mit all dem, was sie geben können und anzubieten haben, dieses „Shoppingparadies“ betreiben. Die indonesische Freundin Lydia aus Dübendorf verkauft hier ihren Tempe (aus fermentierten Sojabohnen nach traditioneller Methode hergstellt), HansUeli keltert Solaris und Cabernets aus den Trauben vom Bungerthof, eine Brennerei aus Dinhart destilliert Edelschnäpse aus den Früchten des Obstgartens und und und… Besonders schnell muss man beim begehrten Sonntagszopf von Franziska sein dem Schaf-Frischchäsli «Agrino» und «Agrino Blu» sein.

Und dann war da noch…

Regina ist meine persönliche BusyBee-Königin unter den PlaceToBee Gastgebern. Man bekommt das Gefühl, das hier ein Imperium an Wissen und Weltverbesserung entsteht. Denn Regina redet nicht lange, sondern sie macht. Und ich nehme nicht nur die hausgemachte Marmelade und das Chili-Orangen-Salz mit – („und dann noch den Kräutertee Samson bitte und das Tempe möchte ich auch unbedingt probieren“, lautet meine Bestellung). Sondern ich fahre weiter mit viel Wärme ums Herz und freue mich auf den nächsten Besuch, bei dem ich dann den Rest des Hofes erkunden werde. Es gibt noch Nussbäume, aus dem das intensive Baumnussöl kalt gepresst wird. Und den Chiligarten kenne ich auch nur aus dem Glas. Im Sommer möchte ich dann auch das aus dem Obst vom Bungerthof hergestellte Glace probieren.

Wie ihr seht, ist das ein Halt, den man nicht nur einmal anfahren sollte.

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