Herrliche Bündner Herrschaft

Herrliche Bündner Herrschaft

Heute geht die Reise nach Graubünden, um genauer zu sein, in die Bündner Herrschaft. Sie grenzt an das Bündner Rheintal und wird auch das „Burgund der Schweiz“ genannt. Denn hier in dieser Weinregion gedeiht ein weiterer unheimlich guter Tropfen, der in den letzten Jahren sechs Mal den Pinot-Noir-Weltmeistertitel einheimsen konnte. Die hier dominierende Pinot Noir Traube (auch unter Blauburgunder bekannt) wird durch den warmen Föhn verwöhnt, der in dieser Gegend deshalb auch „Traubenkocher“ genannt wird. Dies beschert höchste Oechslewerte. Denn je höher dieser Wert, desto reichhaltiger der Wein – das gilt auch für die Volumenprozente. 

Dieses Mal bin ich jedoch nicht zur Weinlese, der sogenannten Wimmlet hier, sondern komme an einem typischen Apriltag an, ein wenig grau und noch ein bisschen frisch.

Drei Generationen unter einem Dach

Doch der herzlich warme Empfang der Familie Eggenberger macht das wieder wett. Ladina begrüsst mich und wir machen aus, dass mich ihr Mann Andreas Junior zum Stellplatz geleitet. Dieser befindet sich weiter unten im Dorf gleich neben dem neuen Stall, der im Herbst 2021 neu eröffnet und von den rund 40 Kühen und Kälbern bezogen wurde. Mit der Zeit wurde der Platz auf dem Anwesen der Eggenbergers mit dem jahrhundertealten Patrizierhaus zu klein und die artgerechte Haltung und der Auslauf der Tiere konnte nicht mehr so gewährleistet werden, wie sich die Eggenbergers dies vorstellen. So haben sie ihren eigenen Stall kreiert und es wurden zeitgemäss die neuesten Technologien zur Aufzucht ihrer Milchkühe integriert. Ich bin gespannt.

Als wir bei dem gut einen Kilometer entfernten Stall mitten in den Rebbergen eintreffen, erhalte ich einen kleinen Rundgang, bei dem mir die neuen Technologien der Milchviehhaltung erklärt werden. Jedes einzelne Rind trägt einen Chip, der registriert, wann die Kuh zuletzt welches Futter erhalten hat und wann die nächste Fütterung  mit welchem Futtermittel ansteht. Die Futtermittel wie Heu, Kraftfutter und Mais-Gras werden von einem automatischen Futtermischwagen ausgeteilt, für die Sauberkeit sorgt der Entmistungsroboter. Quasi „artificial intelligence“ in der Landwirtschaft. Die Tiere erfreuen sich sehr an der automatischen Kratzbürste und haben sich auch schnell an das Melken im neuen Stall gewöhnt. Was will Kuh mehr?

Die Eröffnung und der Tag der offenen Tür im März 2022 waren ein voller Erfolg. Viele hunderte Menschen kamen, um sich einen Eindruck von einem der modernsten Bauernhöfe im Land zu machen und auch heute noch kann man eine Hofbesichtigung buchen.

Neben den Milchkühen zählen auch Legehennen und Pferde zum Hof der Eggenbergers. Der mobile Hühnerstall wird regelmässig umgesetzt, sodass die Hühner stets frischen Auslauf zum Scharren und Fressen haben.

Die Pferdepension befindet sich gleich neben dem neuen Laufstall der Kühe, in der nicht nur die Pferde bestens umsorgt werden, sondern es werden unter www.horsedynamics.ch auch Reittherapien angeboten. Als wir ankommen, kümmert sich Andres Senior gerade um zwei Pferde. Er gehört zur ersten Generation des Eggenberger Hofes. Seit 1993 führt er den Hof mit seiner Frau Lea, mit tatkräftiger Unterstützung von Ladina und Andreas  Junior.

Andreas Junior hat zudem über die Jahre ein Lohnunternehmen aufgebaut und ist auf dem Hof für alles Technische verantwortlich. Ladina hat nicht nur einen grünen Daumen, mit dem sie liebevoll den Garten hegt und pflegt, sondern ist auch sonst überall im Einsatz: sei es im Stall, in den Reben oder in der Braustube, wo sie Sirupe und Liköre braut. Diese werden im Hofladen angeboten. Ergänzt wird das Sortiment durch die kulinarischen Köstlichkeiten von Lea und weiteren Partnern. Ich kann hier nur einen Teil des Sortiments aufzählen, so umfangreich ist es und schon beim Schreiben läuft mir das Wasser im Mund zusammen: diverses Frischfleisch und Trockenfleisch, Käse und Alpbutter, Gebäcke aller Art von Birnenbrot bis zur Nusstorte und nicht zu vergessen das Balnot Glatsch (romanisch für Glace) und die bereits oben erwähnten Delikatessen in flüssiger Form wie Nusswasser, Wachteleier Likör und den Röteli nach Familienrezept. Ach ja, fast hätte ich das Wichtigste vergessen: der Wein. Denn die Eggenbergers bewirtschaften ganzjährig gut 3.5 Hektaren Reben. Dies fängt im Winter mit dem Rebschnitt an, geht im Frühjahr mit dem Binden der Reben weiter, im Sommer werden unterjährig Laub- und Bodenarbeiten selbst verrichtet bis es im Herbst zur sogenannten „Wimmlet“ kommt, in dem die besten Trauben von Hand von der Familie und den „Wimmlern“ (Helfer und Freunde der Winzer) geerntet werden. Insgesamt werden die Reben circa 13 Mal pro Jahr besucht. 

Die neue Generation zeigt sich auch in der Direktvermarktung ihrer selbst hergestellten Produkte. Die tolle Webseite www.eggenberger.ch bietet sämtliche Produkte online an, die es auch im Hoflädeli gibt (sofern der Versand möglich ist). Bezahlt werden kann sowohl bar, per Einzahlungsschein als auch per Twint. Bequemer geht es kaum.

Bündner Allerlei

Auf der Webseite erfährt man auch vieles Wissenswertes über die Familie, die Tieraufzucht und die Geschichte der Bündner Herrschaft und Infos zu dessen Weinwanderweg. Er führt durch die genannte Weinregion von Chur über Trimmis, Zizers, Landquart, Malans, Jenins bis nach Maienfeld hin zur wohl berühmtesten Schweizerin – Heidi. Das „Heididorf“ kann man zu Fuss erreichen oder auch direkt mit dem Auto anfahren. Hier befindet sich der Originalschauplatz der weltbekannten Geschichte, die Johanna Spyri 1880 erstmals verfasst hat. Die Kulisse der imposanten Schweizer Bergwelt des 19. Jahrhundert umrahmt das Wohnhaus, die Alphütte des Alpöhi sowie die Dorfschule, die Heidi besuchte. Ein einmaliges Souvenir findet man in der kleinsten Poststelle der Schweiz: der Heididorf-Sonderstempel.

In Maienfeld befindet sich auch das Schloss Salenegg, wo bereits seit 1068 Wein angebaut wird. Somit ist es das älteste Weingut Europas! Neben Wein werden heute auch hochklassige Essige und verschiedene Öle produziert.

Die Umgebung hat noch weitaus mehr zu bieten. Für alle diejenigen, die nach dieser ausgiebigen Weinwanderung dem Körper etwas Gutes tun möchten, den heisst die Therme „Tamina“ in Bad Ragaz herzlich willkommen. Oder aber man lässt sich von den Eggenbergers mit einem kulinarisch aus dem persönlich zusammengestellten Speisekorb und einer aussergewöhnlichen Übernachtung in einem Schlafffass verwöhnen. Ja genau, man übernachtet in einem grossen 8000 Liter Weinfass namens „Blauburgunder“, welches für zwei Personen sowohl einen gemütlichen Schlafplatz bietet als auch eine wunderschöne Aussicht über das Bündner Rheintal.

Da das Schlaffass bereits ausgebucht war, gönne ich mir zum Abschluss ein heisses Bad in der Therme.

Am Hof Eggenberg kommt man quasi nicht vorbei: sei es auf dem Weg von oder nach Österreich, Liechtenstein, dem Engadin oder einem Weintorkel. Ich habe mich über so viel Abwechslung gefreut.

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